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Die Ahnengalerie

Mit diesen Zweirädern begann ich 1975 meine Zweiradkarriere. Ich war damals 15 und wollte nichts anderes, als endlich auf zwei Rädern und Motorgetrieben unterwegs sein.  Das heißt aber nicht das ich klein angefangen hätte. Ein bis zwei Jahre zuvor, also im zarten Alter von 13-14 Jahren schrieb ich bereits sämtliche Motorradhersteller oder deren Generalimporteure an mit der einen Zielsetzung, Prospekte von deren Boliden zu bekommen. So zierten diese Boliden die Wände meines Zimmers. Neben der neuen 900er Kawasaki hingt die 750Four von Honda mit ihren kleinen Geschwistern der 350er Four und 500er Four. Die Ducati 900SS wurde eingerahmt von der Benelli 900Sei und der Motor Guzzi Le Mans. Die Münch Mammut TTS und das Hollänische Motorrad des Herstellers Van Veen, das mit einem Wankelmotor angetrieben wurde. Die Suzuki-Zweitakttriologie, also die wassergekühlte GT750 (Wasserbüffel), die GT550 und GT380 mit Ram Air-Luftkühlsystem, hing ebenso an meiner Wand. Die meisten Prospekte befinden sich auch heute noch in meinem Besitz und werden von mir gehütet wie mein Augapfel.

1975 - Hercules M2-Mofa mit 1,5PS bei 4000 min-1und 47,0  cm3 Hubraum
Mein Mofa war allerdings blau, aber ich habe kein Foto mehr dazu gefunden.

 

1976 - Kreidler RMC-Mokick mit 2,9PS bei 5250 min-1und 49,9  cm3 Hubraum

Mit der Kreidler ging ein lang ersehnter Wunschtraum in Erfüllung. Alle Jungs aus meinem Dorf Kendenich und dem Nachbardorf Fischenich fuhren Kreidler. Die Alt-Hürther fuhren Hercules MK2, oder vereinzelt die wassergekühlte Zündapp. Man konnte endlich Jemanden (e) offiziell mitnehmen, ohne das die Uniformierten einen kassierten.

Mit meiner heißgeliebten RMC fuhr ich Sommer wie Winter, natürlich auch mangels wirklicher Alternativen.

 

 

 

 

Das gute alte Kreidler-Triebwerk. Ein Zweitakter mit 2,9 PS der das Mokick und seinen Fahrer in "kürzester" Zeit auf 50km/h katapultierte. Wahnsinn! 

Dieses Gefühl hielt natürlich nicht lange vor und so musste irgend etwas passieren, damit sich dieser "Kick" wieder einstellte. Jeder der das erlebt hat, hat auch die 3 Phasen des Tuning-Wahns mitgemacht. Phase 1 fing relativ harmlos an. Erst mal "umgeritzelt" d.h. vorne ein paar Zähne rauf und hinten ein paar Zähne runter. Hinten runter war allerdings problematisch weil für Jeden, also auch für die Jungs vom "Trachtenverein" ersichtlich. Von nun an musste die Kupplung Schwerstarbeit leisten. Bis der kleine Motor in Wallung kam, verging eine gefühlte Ewigkeit, aber das Ziel am Ende des Tages war, die 50km-Marke zu knacken. Das gelang, allerdings mit beschissenen Beschleunigungswerten.

 

Also wurde in der Regel die Phase 2 des Tuning eingeleitet. Phase 2 bedeutet Austausch des Kolbens und des Zylinders gegen ein stärkeres Modell. Ich hatte mir damals einen 5,3 PS-Zylinder und Kolben aus den Niederlanden besorgt. Dieser Zylinder hatte das äußere Erscheinungsbild eines Mokick-Zylinders und nicht das der großen Schwester der RS. Dies war wichtig da die "Grün-Weißen" ja nicht direkt eine Nase daran bekommen sollten, dass die RMC eventuell nicht mehr im Originalzustand war. Der Bing-Vergaser bekam noch eine größere Düse und ab ging die wilde Fahrt.

Wie bei jeder Suchtproblematik hielt dieser Kick auch wieder nicht lange genug vor und so wurde die Phase 3 eingeläutet. Phase 3 hieß "Schwing die Feile und poliere was Du kannst". Einlass, Auslass, Überströmkanäle und Kolben galt es mit der Zielsetzung zu bearbeiten die Steuerzeiten so zu beeinflussen, dass dem Motor mehr Leistung zu entlocken war. Dies war ein iterativer Prozess, der mehrere Tage in Anspruch nehmen konnte. Einmal zuviel Material weggenommen und Kolben oder Zylinder waren im Eimer. 

 

 

1979 - Suzuki GT380 Dreizylinder-Zweitakter mit 27PS bei 7500 min-1 und 371cm3 Hubraum

Ich habe das Motorrad damals für 3.660,--DM in Düsseldorf bei Hein Gericke gekauft. Man musste extra nach Düsseldorf in den Rheinhafen fahren, da Hein Gericke noch nicht expandiert hatte. Ich habe das Motorrad übrigens immer noch! Es läuft, ist angemeldet und ist immer noch im Originalzustand.

Ich erinnere mich noch als wäre es heute gewesen. Ich hatte gelesen, dass die Leistung des Motorrades auf 27PS gedrosselt sei. Das Motorrad hatte eigentlich 34PS. Die Drosselung erzielte man ursprünglich durch lose eingelegte Lochscheiben, in den oberen Enden (Auslass Zylinder) der Krümmer. Also Auspuffe und Krümmer runter und nicht schlecht gestaunt. Die Aussage mit dem "lose eingelegt", galt nur bis zum Modelljahr 1980, danach, also bei meiner, waren die Drosselscheiben mit den Krümmern verschweißt worden. Dies wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht und dies hielt meinen besten Freund Hans Josef, der schon in der zweiten Generation Schlosser war und mich nicht davon ab, einen ganzen Samstag lang mit dem Aufbohren der Krümmer zu verbringen. Etliche Bohrer, Schleifsteine, Nerven (besonders die von HaJo´s Vater) und Stunden später hatten wir es geschafft. Ich konnte nun mit wahnsinnigen 34PS die Gegend unsicher machen.

1982 - Honda CB750KZ  Vierzylinder-Viertakter mit 77PS bei 9000 min-1 und 743cm3 Hubraum
Drei Jahre mit Top Speed 160 waren genug und auch genug Zeit um etwas zu sparen und so musste 1982 was schnelleres her. Die Frage war: Kawasaki, Suzuki oder Honda? Die 750er Kawa gefiel mir nicht, die GS750 von Suzuki war als Ölfressendes Monster verschriehen und so fiel meine Wahl auf die Honda 750KZ. Die KZ hatte vier Auspuffe den "Kleinen Bol d Or-Motor" und verstand sich als legitime Nachfolgerin der legendären 750 Four. 

Ich kaufte die Maschine als sogenanntes Re-Importmotorrad bei dem damals größten Re-Importeur in Köln. Nicht dass das schlimm gewesen wäre. Der einzige offensichtliche Unterschied war der Milen-Tacho (Hauptskala in Milen kalibriert) mit hinterlegter km-Skala und der natürlich deutlich niedrigere Preis.

Wer kennt nicht den Spruch: "Nichts währt so kurz wie die Freunde über einen niedrigen Preis!" Dies traf auch in meinem Fall zu. Ich mach mal die Kurzfassung. Drei gekippte Kolben, mehrere undichte Ventilschaftdichtungen und zu schwache Ventilfedern führten dazu, dass ich mehrfach die Werkstatt des Händlers aufsuchen musste. Ich hatte ja Garantie und dadurch keinen finanziellen Schaden. Aber beispielsweise mit einem Top Speed von 120km/h von Trier nach Köln zu fahren, weil die Dichtungen mal wieder fliegen gegangen waren, machte auch keine wirkliche Freude und führte in der Folge dazu, dass ich meine geliebte KZ nicht mehr sehen konnte.

 

1983 - Honda CB750F  Vierzylinder-Viertakter mit 78PS bei 9000 min-1 und 748cm3 Hubraum Nach nur einem Jahr rein in die Werkstatt raus aus der Werkstatt, wurden wir d.h. der Re-Importeur und ich uns einig und ich bekam die CB750F im Tausch für meine KZ. Dieses Motorrad würde vermutlich heute noch laufen, ja wenn da nicht ... . 
Wie man sieht, besaß meine Honda neben dem obligatorischen M-Lenker, auch eine andere Auspuffanlage. Diese Lenhardt u. Wagner 4 in 1 Auspuffanlage, hatte ich dem Re-Importeur auch noch für entgangene Lebensfreude aus dem Kreuz geleiert. Man konnte den Endtopf von der Krümmeranlage trennen und so dauerte es nicht lange, bis ich den Endtopf leergeräumt hatte um den Sound zu verbessern. Lediglich an das Mittelteil des Topfes kam ich mit meinen damaligen Mitteln nicht dran. Dies sollte sich ändern, als ich als Werksstudent einen begnadeten Autogenschweißer kennen lernte. 

Die Flex geschnappt, den Auspuff geöffnet, ausgeräumt und anschließend wieder sauber verschweißt. Der Sound war brutal. Mein Kumpel HaJo brauchte nun nicht mehr den kompletten Endtopf zu demontieren, wenn er mit meiner Honda meine Homebase Hürth mit dem Sound eines frei atmenden Vierzylinders terrorisieren wollte.  

 

Dann kam der Samstag Vormittag, der das zarte Band zwischen mir und meiner Honda brutal zerschnitt. Im Vollgasfieber auf der A61 in Richtung Nürburgring unterwegs nahm das Schicksal seinen Lauf. Ein plötzlicher Leistungsverlust und ein Ölnebel aus dem Auspuff ließen schon Böses erahnen. 

Ich hatte es geschafft ein Loch in den Kolben des linken Zylinders zu brennen. Die Mechaniker der Fa. Motor-Doc aus Köln und ich waren fassungslos. Zweitakter o.k., aber Viertakter!? 

Als über mehrere Monate kein Kolben aus Japan zu bekommen war, entschloss ich mich dazu meine Honda unrepariert wieder abzuholen und die Teile einzeln zu verkaufen. Die Kurbelwelle mit den Pleuel und den 3 gesunden und dem einen defekten Kolben habe ich heute noch in meiner Werkstatt. Nockenwellen, die Vergaserbatterie und ein paar Kleinteile habe ich übrigens auch noch. 

 

 
1984 - Yamaha FJ1100  Vierzylinder-Viertakter mit 100PS bei 9000 min-1 und 1097cm3 Hubraum Nach der Honda kam die Yamaha. Damals galt die freiwillige Leistungsbegrenzung der Hersteller noch. Das Motorrad war auf 100 PS gedrosselt. Dies war allerdings nicht von langer dauer. 
Im Gegensatz zu der Kawasaki GPZ 1100, deren Leistungsbegren-zung durch eine Madenschraube im Gasgriff erzielt wurde, mussten bei der Yamaha neue Ansaugstutzen mit einem größeren Querschnitt verbaut werden. Dies hielt mich aber nicht davon ab die 125 PS zu entfesseln. 

Die Yamaha ging mit mir auf der A1 von Erftstadt nach Blankenheim und zurück 260-265km/h. Wenn ich heute in meinem Porsche sitze und in die Geschwindigkeitsregionen vorstoße, muss ich zwangsläufig an die damalige Zeit denken. Heute weiß ich das es Wahnsinn war, aber damals kannte ich solche Bedenken nicht bzw. ließ sie gar nicht erst aufkommen. Reifenplatzer, Hindernisse auf der Straße oder sonstige Imponderabilien waren außerhalb meines Betrachtungsspektrums. 

Die dicken Standrohre, die Kastenschwinge, der neu konzipierte Lateral Frame mit dem von vorne noch mal abgestützten Lenkkopflager, ließen das Motorrad förmlich an der Straße kleben. Wer jemals eine Honda fuhr und weiß wie viel Platz man auf der Autobahn brauchte, wenn der Hinterreifen gerade war, der weiß wovon ich Rede. Es waren technologische Welten die einem eine Fahrsicherheit suggerierten bei der man glaubte, dass die Fahrphysik nicht mehr existent ist. 

Das nützt aber alles nichts, wenn man im Hochsommer sehr dynamische unterwegs ist und mit beiden Rädern in einer Rechtskurve auf eine weiche Teernaht kommt und das Motorrad seitlich wegschmiert. Wenn einem dann noch ein Linienbus entgegen kommt und man nur noch Bruchteile einer Sekunde für eine Entscheidung hat, die das weitere Leben maßgeblich beeinflussen wird, man die richtige Entscheidung trifft und das Ganze dann auch überlebt, dann kann man schon mal ins grübeln kommen. Dies führte dann bei mir dazu dem Geschwindigkeitswahn auf zwei Rädern mit 26 endgültig zu entsagen. Einige meiner damaligen Zweiradfreunde haben das nicht geschafft und einen hohen Preis dafür zahlen müssen. 

 

 

 

 

 

 

Matthias Trier, Diplom-Ingenieur der Allgemeinen Elektrotechnik, Technischer Betriebswirt und Privat dozent an der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH), sowie an der Europäischen Fachhochschule Brühl (EUFH)